Thermal Vias – Vorteile und Grenzen

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Hersteller von Halbleiterbauelementen berichten immer wieder über den Nutzen von Durchkontaktierungen für die Wärmeabfuhr, auch thermische Via genannt: Thermovias sind mechanisch gebohrte Durchkontaktierungen von TOP nach BOTTOM. Hierbei sind die Via idealerweise direkt unter den Bauelementen platziert und ausschließlich zur Ableitung von Wärme vorgesehen.

Zumeist geben die Hersteller dabei grobe Richtlinien zur Orientierung bzw. mögliche Idealmaße sowie Abstände dieser Thermovias bekannt. Nicht berücksichtigt wird jedoch bei diesen Empfehlungen, welche sich zumeist auf das Demoboard des entsprechenden Herstellers beziehen, dass auf diese Weise keine allgemeingültige Aussage für sämtliche Designs gemacht werden kann. Das Design des Boards und seine Größe sowie die Lagenanzahl beeinflussen die Gültigkeit der Empfehlungen sogar in großem Maße. So ist die Entscheidung bezügliche der Anzahl von Thermovias stets eine Einzelentscheidung. Weiterhin gilt zu bedenken, dass mehr Thermovias verhältnismäßig nicht stetig mehr Wärme „abtransportieren“ können, gleichwohl der Zeit- und Kostenaufwand proportional anwächst. So heißt es vielmehr, die entsprechende Anzahl an Bohrungen zu finden, bei der sich Nutzen und Aufwand die Waage hält.

Daher stellt sich nun die Frage: Wie kommt man nun zu einem Ergebnis, das zu Ihrer Leiterplatte passt? Wie viele Themovias sind praktikabel in Bezug auf Herstellungsaufwand und –kosten?

Der experimentelle Aufwand, um dies für jedes Design herauszufinden wäre unverhältnismäßig. Excel-Sheets, die den Wärmewiderstand von n-Stück Thermovia „ausrechnen“ wären sogar untauglich. Lediglich ein Simulationsprogramm kann einen aussagekräftigen Graphen für Temperatur vs. Anzahl der Bohrungen liefern, und das in kurzer Zeit zu geringen Kosten.

Ein Simulationsprogramm, das bis ins Detail den Konstruktionsstand jeder beliebigen Leiterplatte abbilden kann und daher zum Experimentieren mit Wärmevias einlädt, ist PCB-Investigator Physics. Der Lagenaufbau, das Leiterbild und das Bohrprogramm werden aus ODB++/IPC2581 Daten eingelesen und können dann für die anschließende Thermosimulation verwendet werden. Bei den Bohrungen sind sowohl Durchkontaktierungen als auch gefüllte Microvias möglich. Dazu braucht man noch thermische Daten, wie die Wärmeleitfähigkeit von FR4 und die Temperatur sowie den Bewegungszustand der umgebenden Luft – mit Physics lassen sich sämtliche Parameter im Handumdrehen einstellen und anpassen. Spielt man mit dem Pitch, der Anzahl und der Anordnung der Thermovias, so lässt sich damit ein vernünftiger Prototyp vorhersagen, der in der Produktion hinsichtlich seines thermischen Verhaltens keinerlei Probleme verursachen wird und alle Anforderungen erfüllt.

Stellen wir diese Überlegungen anhand eines konkreten Beispiels zwecks seiner Veranschaulichung dar. In einem 2-Lagen Board gibt es ein temperaturkritisches Bauteil, dessen Temperatur wir durch Thermovias kontrollieren bzw. eine Temperatursenkung hervorrufen wollen.

Fig. 1: Beispiel für die Thermoanalyse mit PCB-Investigator Physics. Unter dem schwarzen großen IC werden Thermovias gebohrt, um eine verbesserte Wärmeabfuhr zu gewährleisten.

Zur Vereinfachung wurde ein relativer simpler Lagenaufbau gewählt (Fig. 2). Es gibt bei PCB-Investigator allerdings keinerlei Beschränkungen bezüglich möglicher Multilayer-Boards.

Das Simulations-Programm PCB-Investigator Physics erstellt aus den Geometriedaten selbsttätig ein physikalisches Berechnungsmodell, welches sowohl die Wärmeleitung innerhalb des Boards als auch die Wärmeübertragung an die Umgebungsluft berücksichtigt. Die Berechnungszeit ist, wie bei allen 3D Feldlösern, abhängig von der Zahl der Knoten und der Konvergenzgeschwindigkeit, da die Berechnung in einer Iterationsschleife vom kalten Zustand in den geheizten Zustand überführt wird. Um die Berechnungen zu beschleunigen, nutzt PCB-Investigator Physics den Graphik-Prozessor (GPU) um die Zeit pro Iteration gegenüber der CPU enorm zu steigern. In nur wenigen Minuten können so verlässliche Ergebnisse geliefert werden.

Das Simulationsergebnis für das Beispielboard ohne Thermovias zeigt Fig. 3. Die Temperatur des Bauteils liegt ohne Durchbohrungen bei 103,4°C.

Fig. 3.1: 3D Simulationsergebnis der Leiterplatte ohne Thermovias.


 

Fig. 3.2: Simulationsergebnis der Oberseite (102,1°C) und Unterseite (65,5°C) ohne Microvias.

Mit regelmäßig angeordneten 15 Wärmevias ergibt sich dann folgendes Bild (Fig.4.). Die Temperatur des Bauteils ist infolge der Wärmeabfuhr der Durchbohrungen bereits deutlich geringer, sie liegt bei 83,9°C.

Fig. 4.1: Blick auf die Leiterplatte in 3D-Ansicht mit 15 Thermovias. Die orange Farbe des Bauteils weist bereits auf eine deutliche Abkühlung des Bauteils hin.

 

Fig. 4.2: Simulationsergebnis der Oberseite (82,0°C) und Unterseite (69,1°C) mit 15 Thermovias (sichtbar als grüne Punkte).

Neben den Thermovias spielen auch andere Faktoren bei der Wärmeabfuhr eine entscheidende Rolle und müssen daher in die Überlegungen des thermischen Managements der Leiterplatte einbezogen werden. Zum einen fließt Wärme lieber in gut leitende Materialien, also in den Leiterbahnen, zum anderen kann die Wärme schlecht die FR4-Gräben zwischen den Leiterbahnen überspringen (natürlich gibt es auch im FR4 einen Wärmetransport, der wegen seines Volumens und seiner Fläche sogar erheblich ist). Die Reduzierung der Bauteiltemperatur von etwa 103°C auf 84°C ist bereits enorm, vor allem auch in Bezug auf die Umgebungstemperatur (20°C).

Bauen wir noch mehr Thermovias in die Simulation unseres Beispiels ein (Fig.5) und sehen wir, welche Abkühlung dadurch erreicht werden kann.

Fig. 5.1: Blick auf Leiterplatte (3D) mit 170 Bohrungen.

 

Fig. 5.2: Fig. 5.1: Simulationsergebnis der Oberseite (71,5°C) und Unterseite (70,6°C) mit 170 Thermovias (sichtbar als grüne Punkte).

Die Vermehrung der Thermovias hat hier zu einer nicht unerheblichen Temperaturreduktion geführt. Die Temperatur des Bauteils beträgt nun mehr 72,8°C und konnte damit durch die Integration von Thermovias um etwa 30°C reduziert werden.

Nun stellt sich die Frage, ob noch mehr Durchbohrungen sinnvoll wären, nachdem wir bereits eine so starke Abkühlung erreichen konnten. Es zeigt sich allerdings, dass ab einem gewissen Punkt eine Art Sättigung eintritt und die Temperaturkurve sich stetig abflacht, gleichwohl die Zahl der Thermovias in noch größerem Umfang erhöht wird. Vervierfacht man also die Anzahl der Durchbohrungen auf insgesamt 680, so zeigt sich eine verhältnismäßig nur geringe Temperaturreduktion auf 72°C, das entspricht einer Abkühlung von weniger als 1°C. Die Temperatur des Bot-Lage ist dabei fast identisch mit der der Top-Lage. Eine weitere Wärmeabfuhr nach unten ist ergo nicht mehr möglich.

Es lässt sich also schlussfolgern, dass bei Thermovias ab einer gewissen Anzahl der Nutzen geringer wird als der Aufwand und somit nicht einfach willkürlich möglichst viele Durchbohrungen in das Design integriert werden sollten.

Ersichtlich wird dies auch anhand folgender Grafik (Fig 6). Es zeigt sich eine zunehmende Annäherung der Graphen der Bot- und Top-Lage in Hinblick auf Ihre maximale Temperatur in Abhängigkeit der Anzahl der Thermovias. Ebenso lässt sich eine zunehmende Abflachung der Temperaturkurve erkennen trotz der zunehmenden Anzahl an Durchbohrungen. Der Temperaturabfall geht in die bereits erwähnte Sättigung. Das liegt daran, dass an der Oberfläche der Leiterplatte die Konvektionsströmung einen Abschlusswärmewiderstand darstellt, der von der Zahl der Thermovias unabhängig ist und der nicht unterschritten werden kann, bzw. durch Lüfter oder Kühlkörper verkleinert werden müsste.

Fig. 6.1: Übersicht über die Temperaturveränderungen in Abhängigkeit von der Anzahl der Thermovias.

Fig.6.2: Parameterstudie. Selbst bei unendlich vielen Thermovias kann das Bauteil nicht kälter als ca. 70°C werden.

Je nach Applikation Ihres Boards, des vorgesehenen Gehäuses sowie der voraussichtlichen Umgebungstemperatur müssen unterschiedliche Temperaturlimits eingehalten werden. Diese sollten bestmöglich bereits in der Designphase der Leiterplatte kalkuliert werden, um späte und teure Abänderungen aufgrund des fehlenden Wärmemanagements zu vermeiden.

Mit PCB-Investigator Physics ist es Ihnen möglich, die ideale Anzahl an Thermovias für Ihr Design festzustellen, so dass bestimmte Temperaturmaxima nicht überstiegen werden. Gleichzeitig ist es Ihnen möglich, Zusatzkosten sowie zeitliche Verzögerungen durch zusätzliche, allerdings unnötige Durchbohrungen zu vermeiden!

Stellen Sie fest, wie viele Thermovias Ihr Board tatsächlich benötigt, denn durch die Simulation mit Physics lassen sich Thermovias zeit- und kostensparend planen!

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